Modetrend: Grau ist im kommen

Grau meliert galt immer als männlich und schön. Heute eine attraktive Variante zu den Bubi-Models in Modekampagnen.
Grauer Star: Werbung für Herren-Globus
Grauer Star: Werbung für Herren-Globus

Die Modewelt hat die Silver Agers definitiv entdeckt. Wer sonst soll ihr die teuren Entwürfe abkaufen, wenn nicht die zahlungskräftigen, unternehmenslustigen und durchaus auch eitlen Babyboomers? Bei den Frauen-Models hat der Trend schon viel früher eingesetzt. Glaubwürdigkeit fordert der Konsument. Vor allem die Kosmetikkonzerne haben sich diesem Wunsch angepasst.

Fünf Jahre lang entwickelte der Kosmetikkonzern Beiersdorf ein Nivea-Sortiment für die «reife Haut». Den Grossteil der Zeit debattierten die Strategen allerdings, ob man der Zielgruppe der über 50jährigen Kundinnen überhaupt ein gleichaltriges Werbegesicht zumuten kann, wie der «Spiegel» schrieb. Wenn das Gesicht so frisch aussehe wie das von Susanne Schöneborn, dann könne man, waren sich die Marketingleute am Ende sicher. Das Model hatte immer schon posiert, für die «Vogue» und für Fotografen wie Richard Avedon.

Anfang der 90er-Jahre war Schöneborn knapp über 50 und wurde doch noch berühmt - sie wurde zum grauen Star. Auf branchenüblich übertriebene Versprechungen wurde verzichtet, Nivea konzentierte sich auf frisches, gepflegtes Aussehen. Der Werbeauftritt des silberhaarigen Models habe einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet. Der Aufwand lohnte sich: Innerhalb von drei Jahren habe die Reihe rund fünf Prozent des Gesichtspflegemarktes erobert, in dem jährlich über eine Milliarde Franken umgesetzt würde.

Schöneborn war das Gesicht einer Generation, die in der Werbung bis dahin allenfalls als Kukident-Kolonne oder dickliche Kuchenbäckerinnen geduldet wurde. Alte galten als geizig und borniert, arm und uninteressiert. Laut Bundesamt für Statistik lebten Ende 2011 983'000 Menschen in der Schweiz, die zwischen 65 und 79 Jahren alt sind, was 12,4 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Fünf Prozent der Bevölkerung ist über 80 Jahre alt. Sie haben mehr als doppelt so viel Geld zur Verfügung wie die 14- bis 29-Jährigen und sind deshalb von der Industrie und der Werbewirtschaft heftig umworben.

Seit auch die 68er-Generation die unsichtbare Altersgrenze überschritten hat, gelten die Klischees vom unflexiblen Neni ohnehin nicht mehr. Die neuen Alten sind finanziell potent und nicht nur deshalb selbstbewusst. Heute werben die Credit Suisse mit den attraktiven grauen Stars, der Wäschehersteller Wolford, das Schmuckunternehmen Swarovski. In den 90ern warb bereits BMW mit dem Spruch: «Früher ging man für seine Ideale auf die Strasse. Daran hat sich im Prinzip nichts verändert», für seine 5er-Limousinen. Die Bekleidungsfirma Windsor präsentiert die Alt-Rockerin und Ex-Freundin von Mick Jagger, Marianne Faithfull (52), in sanften Schwarzweissanzeigen als Aushängeschild.

Nach vier Jahren schien aber auch das Nivea-Vital-Model Schöneborn das Haltbarkeitsdatum der Illusionsbranche überschritten zu haben. Kleinere Akzeptanzprobleme erlebte sie zwar immer wieder: Für Auftritte in Italien musste sie sich blondieren lassen, weil dort graues Haar verpönt ist. Ab 1998 warb eine Schweizerin für Nivea - die knapp 50-jährige Bernerin Pia Pauli: blond und blauäugig, sportlich, sympathisch, positiv. Ihre Modelkarriere hatte sie 1971 gestartet. Gemäss den Nivea-Verantwortlichen sollte es wiederum eine reife, attraktive Frau sein, die durch ihre Ausstrahlung Lebensfreude, Gepflegtheit und Selbstsicherheit vermittelt.

Ausserdem hat die Generation 50plus Geld: Mit dem Alter wächst das Vermögen. Die Hälfte aller Erbschaften in der Schweiz geht an Pensionierte. Jeder fünfte über 65 versteuert im Kanton Zürich ein Vermögen von über einer Million Franken. Geld allein macht nicht glücklich. Aber es ist ein wichtiger Faktor: Laut Bundesamt für Statistik sind die Best Agers  die glücklichste Altersgruppe im Land.


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