Arten-Vergleich: Altern ist menschlich

Im Alter baut der Körper ab, die Tod wird wahrscheinlicher. Ein Vergleich mit Tieren und Pflanzen zeigt aber: Wir sind ein Sonderfall.
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Im Gegensatz zum Süsswasserpolyp Hydra steigt ihre Sterblichkeitswahrscheinlichkeit im Alter leider (Bild: Fotolia)

Forscher geben faszinierende Einblick in ganz andere Lebensformen, schreibt Ralf Schaible auf "Spiegel online". "Viele Leute, Wissenschaftler eingeschlossen, gehen davon aus, dass Altern unausweichlich ist und jedes Wesen auf der Erde trifft, so wie das bei Menschen der Fall ist", sagt Owen Jones vom Max-Planck Center im dänischen Odense.

Doch das sei nicht der Fall. Nicht bei jeder Art werden Individuen schwächer, wenn sie altern oder hätten dann ein höheres Sterberisiko. Im Fachmagazin "Nature" vergleichen Jones und ein internationales Team von Forschern Lebensspanne, Fruchtbarkeit und Sterblichkeitsraten bei insgesamt 46 Arten.

Da sie sich auf das Altern fokussierten, beobachteten sie die Sterblichkeit erst vom Zeitpunkt der Geschlechtsreife an, bis zu dem Zeitpunkt, an dem nur noch fünf Prozent der Population leben. Die grosse Variation an Lebensmustern, die sie dabei aufdeckten, hat sie selbst erstaunt.

Ein Beispiel heben die Forscher im Artikel hervor: Heute lebende, sehr alte japanische Frauen (Alter: 102 Jahre) haben ein 20-fach höheres Sterberisiko als der erwachsene Durchschnitt. Eine im Vergleich ebenso betagte Mangrove (Alter: 123 Jahre) hat dagegen nur ein halb so grosses Sterberisiko wie der erwachsene Durchschnitt.

Mit den üblichen Modellen zur Evolution liessen sich solche Schwankungen kaum erklären, schreiben die Wissenschaftler. Einige Arten zeigen ein ähnliches Muster wie der Mensch, darunter andere Säugetiere wie Schwertwal, Löwe und Reh, aber auch Wirbellose wie der Wasserfloh.

Bei ihnen steigen die Sterblichkeitsraten im Alter. Bei anderen Spezies dagegen sinkt die Sterblichkeit mit zunehmendem Alter, etwa bei der Gopherschildkröte. Dies sei bei ebenso vielen Pflanzen der Fall, berichten die Wissenschaftler.

Dazu gesellt sich eine bunte Gruppe von Arten, bei denen die Sterblichkeitsraten über die Lebensspanne hinweg nahezu konstant bleiben. Dazu zählen Eisiedlerkrebse, Rhododendren, Kohlmeisen, Waldeidechsen sowie untersuchte Frosch- und Schneckenarten.

Das faszinierendste Mitglied dieser Gruppe ist der Süsswasserpolyp Hydra magnipapillata. Der habe eine so geringe Todesrate, dass nach 1400 Jahren noch fünf Prozent einer im Labor gehaltenen Population leben würden, rechnen die Forscher vor.

Auch bei der Fruchtbarkeit findet sich überhaupt kein einheitlicher Trend. Sie kann sich auf eine relativ kurze Lebensphase konzentrieren, wie bei verschiedenen Säugetieren, wobei dies beim Menschen eine besonders kurze Zeitspanne ist, sie kann im Alter zunehmen wie bei verschiedenen Pflanzen, sie kann auch ganz früh im Leben schon vorhanden sein, um dann abrupt zu verschwinden, wie beim als Modellorganismus bekannten Fadenwurm C. elegans.

Um es noch verworrener zu machen, werden diese Muster offensichtlich nicht davon beeinflusst, wie kurz- oder langlebig die entsprechende Art ist. So richtig erklären können die Wissenschaftler die Zusammenhänge noch nicht.

Jones und Kollegen hoffen, dass in Zukunft neue Daten über mehr Spezies Licht ins Dunkel bringen. Denn während der Lebensverlauf vieler Säugetier- und Vogelarten genau erforscht sei, wisse man noch recht wenig über den anderer Wirbeltierarten oder gar über Algen, Pilze und Bakterien.

Für weitere Studien raten sie ihren Kollegen, nicht dem zu vertrauen, was die menschliche Intuition übers Altern sagt. Denn die heutigen Menschen seien mit ihrem Lebensmuster ein extremer Sonderfall.


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