Ausflug ohne gefährlichen Abflug

Die Velobranche boomt, der Verkauf von E-Bikes hat enorm zugenommen. Mehr E-Bikes bedeutet aber auch mehr ungeübte Fahrerinnen und Fahrer.
Ausflug ohne gefährlichen Abflug
Die Velobranche boomt (Bild Galen Crout on Unsplash)

Durch die vielen Einschränkungen, die uns die aktuelle Situation aufdrängt, steigt auch der Drang nach Bewegung. Spaziergänge an der frischen Luft beleben Körper und Geist. Doch vielen von uns ist dabei, nur zu Fuss unterwegs, der Bewegungsradius zu klein. Weitere Distanzen und hügeligere Strecken sind viel einfacher auf zwei Rädern zu absolvieren. Schon im vergangenen Sommer zeichnete sich ab, dass Zweiradhändler förmlich überrannt werden. Die Nachfrage nach allen möglichen zweirädrigen Fortbewegungsmitteln stieg rapide an. Angestiegen ist dadurch allerdings auch die Zahl der Verkehrsunfälle mit Zweirädern, so auch mit E-Bikes.

Die Versuchung ist gross, mit einem E-Bike schnell vorwärts- und vor allem weniger müde am Ziel anzukommen. Nur fährt das Risiko eben leider auch immer mit. Die Gründe für die steigende Zahl der Verkehrsunfälle mit E-Bikes sind vielseitig. In vielen Fällen sind der verunfallte Lenker oder die Lenkerin mitverantwortlich am Unfall.

Selbstüberschätzung – ein provokatives Wort – ist jedoch einer der Gründe für die Zunahme der Verkehrsunfälle. Selbst wer früher regelmässig mit einem normalen Velo unterwegs war, wird feststellen, dass ein E-Bike nicht genau gleich zu fahren ist. Erstens lässt sich mit einem E-Bike deutlich schneller fahren, und zweitens ist ein E-Bike wesentlich schwerer als ein herkömmliches Velo. Beides beeinflusst das Fahr- und Bremsverhalten. Eine Kurve, die früher mit dem alten Velo problemlos gemeistert werden konnte, kann mit höherer Geschwindigkeit ganz plötzlich zu einem nicht mehr passierbaren Hindernis werden.

Hinzu kommt, dass andere Verkehrsteilnehmende die Velofahrer wegen der schmalen Silhouette nicht gut wahrnehmen und deren Geschwindigkeit darum kaum einschätzen können. Bei E-Bikes fällt dies noch schwerer. Deshalb ist es wichtig, auch als Vortrittsberechtigter immer bremsbereit zu sein und voraus zu schauen. Rechnen Sie damit, dass Sie von anderen Verkehrsteilnehmenden übersehen werden. Helle und reflektierende Kleider nützen, um besser wahrgenommen zu werden.

Auch wer in der Vergangenheit selten oder nie mit dem Velo unterwegs war, hat heute die Möglichkeit, lange Strecken oder viele Höhenmeter zurückzulegen. Aber auch auf dem E-Bike ist der Körper gefordert. Die problemlose Ausfahrt, mit vermeintlich wenig eigener Energie, kann sich schnell als grosse Herausforderung entpuppen: Ohne fahrerische Vorkenntnisse abseits der Strasse auf holprigem Untergrund talwärts zu fahren, wird im Nu gefährlich. Nicht nur wegen der fehlenden Fahrtechnik, sondern auch weil der Körper eben trotz Unterstützung Energie verbraucht und darum die Konzentration abnimmt. Konzentration, die im Strassenverkehr absolut notwendig ist.

E-Bikes sind grundsätzlich eine tolle Idee. Der Herz-Kreislauf wird aktiviert, Gelenke und Muskeln werden trainiert, und der Körper wird sich für etwas Bewegung an der frischen Luft bedanken. Damit der Ausflug mit dem neuen Gefährt nicht in einem Abflug endet und die Fahrsicherheit gestärkt wird, empfehle ich jeweils den Besuch eines Fahrkurses für E-Bikes. Mit einfachen Fahrübungen, der richtigen Kleidung und dem Bewusstsein für mögliche Gefahren steht der nächsten Ausfahrt nichts mehr im Weg. Fahren Sie vorsichtig und passen Sie auf sich auf – gute Fahrt!

Patrick Céréda, Medienchef der Kantonspolizei Zürich, schreibt in dieser Kolumne über die verschiedensten polizeirelevanten Themen, von Präventionstipps über Verhaltensregeln bis hin zu Geschichten aus dem Polizeialltag. 


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