«Bringt uns der Eurovision Song Contest zusammen?»

Jede Woche wundern sichJürg Ramspeck (Ü70) und Joëlle Weil (U30), dass es sich in der jeweils anderen Generation überhaupt zu leben lohnt.
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Ist der Eurovision Song Contest etwas für alle Generationen? (Bild: Shutterstock)

Die Nachwuchsjournalistin und der bekannte Autor stellen sich deshalb im «Blick am Abend» gegenseitig Fragen, um den Generation-Clash etwas abzufedern - oder sich gar gegenseitig zu verstehen.

"Young Küken" Joëlle Weil fragt:

Lieber Herr Ramspeck
Am Samstag schaut Europa gespannt nach Malmö, wenn Musiker des ganzen Kontinents ihre Heimat musikalisch vertreten. Ein Event, der uns auf unpolitische Art und Weise zusammenbringen soll. Es war einst üblich, dass die Sänger ihre Songs in ihrer Landessprache sangen. Heute findet der Eurovision Song Contest hauptsächlich auf Englisch statt, was gern kritisiert wird. Geht Ihrer Meinung nach so die Einzigartigkeit der europäischen Länder verloren? Inwiefern repräsentiert dieser Contest unseren Kontinent?

"Elder Statesman" Jürg Ramspeck antwortet:

Liebe Joëlle
Erst einmal muss ich bekennen, dass ich Jahr für Jahr zwanghaft auf den Bildschirm starre, wenn der Eurovision Song Contest abläuft. Obwohl ich gerne Klassik und Jazz höre und ich nichts übrig habe für die Musik, die gespielt wird. Dessen ungeachtet notiere ich mir meine Favoriten, die dann stur auf der unteren Tabellenhälfte landen. Dass hier früher einmal in den Landessprachen gesungen wurde, wäre heute ein frommer Wunsch, weil hinter diesen Liedern ja Produzenten mit Markt-Ambitionen lauern. Es geht auch nicht mehr, wie ursprünglich, um Komponisten, sondern um Performer, denen Komponisten Material zuliefern. Deshalb ist es für mich weitaus am interessantesten zu beobachten, wie die Völker ihre Punkte verteilen. Mir scheint, es kommt da klar zum Ausdruck, dass wenigstens die Osteuropäer tapfer zusammenhalten. Länder, die miteinander vor kurzem noch in teilweise blutige Konflikte verwickelt waren, überhäufen sich am ESC mit verblüffender Sympathie. Das ist ein Phänomen, das ermutigt, auf eine wachsende Solidarität auf unserem Kontinent zu hoffen. Auf eine Solidarität, die bei den Westlern am Song Contest kaum bis nicht vorhanden ist, was vielleicht auf deren nationaler Selbstgenügsamkeit beruht. Alles in allem ist aber der European Song Contest zweifellos ein Integrations-Plus, weil hier Völker wenigstens friedlich miteinander wetteifern. Und schon einmal ein Punkt von der Türkei bis nach Portugal wandert. Und vice versa.

www.blickamabend.ch


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