Zweck-WG für Studenten mit Grossmutter

Wohngemeinschaften gibt es heute in jeder Altersgruppe - und in vielen Hochschulstädten inzwischen auch mit mehreren Generationen.
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Mussten sich zuerst aneinander gewöhnen: Studentin-Oma-WG (Bild: Shutterstock)

Ein Zimmer gegen Unterstützung im Haushalt: So funktioniert das Projekt "Wohnen für Hilfe".

Eine Wohnung in einer Uni-Stadt zu finden, ist für viele Studenten ein echtes Problem: Die üppigen Preise auf dem freien Markt sind mit schmalem Budget kaum zu bezahlen, Wohnheimplätze sind rar - und ein günstiges WG-Zimmer oft Glückssache.

Daher haben sich in rund 20 deutschen Städten Zweck-Wohngemeinschaften etabliert: Studenten leben bei Senioren und helfen im Gegenzug im Haushalt. Einkaufen, Hol- und Bringdienste, wischen oder staubsaugen: Das sind die gängigsten Wünsche von Senioren, die Wohnraum zur Verfügung stellen, sagt Henning Knapheide.

Er arbeitet beim Bürgerinstitut in Frankfurt und betreut das Projekt. Die Studenten bewerben sich bei ihm zunächst mit einem Formular, das sie im Netz oder vor Ort bekommen. Neben den persönlichen Daten geben sie darin beispielsweise an, zu welchen Hilfeleistungen sie bereit sind und ob sie schon Erfahrungen im Zusammenleben mit alten Menschen haben.

Anschliessend führt er mit geeigneten Kandidaten ein Gespräch und versucht, den passenden Senior für sie zu finden. Mit ihnen hat er bereits zuvor über ihre Wünsche gesprochen und sich die Wohnungen angeschaut. Bei der Vermietung gilt die Faustformel: Pro Quadratmeter eine Stunde Hilfe pro Monat.

Dazu müssen sich die Studenten an den Nebenkosten wie Heizung, Strom und Wasser beteiligen. Auch in der Studentenstadt Marburg gibt es Wohnen für Hilfe. Vor zwei Jahren belebte das Studentenwerk das Projekt wieder. Einige Jahre gab es seitens der Studenten kaum Nachfrage.

Nun läuft es nicht schlecht. "Auch bei uns wird der Wohnraum knapp, wir haben so viele Studenten wie nie", sagt Franziska Busch vom Marburger Studentenwerk. Doch die Vermittlung der Mehrgenerationen-WGs sei nicht leicht: "Es ist nicht so einfach, die Senioren davon zu überzeugen", sagt Busch.

Viele hätten Bedenken, sich fremde Leute in ihre Häuser zu holen. Wer sich dafür entscheidet, hätte oft genaue Vorstellungen davon, wie die Studenten sich verhalten sollen. "Die jungen Leute hingegen ziehen zu Hause aus und wollen erstmal ihre Freiheit geniessen", skizziert Busch das Problem.

Auch Georg Schlanzke, Referatsleiter für den Bereich Wohnen beim Deutschen Studentenwerk, warnt vor zuviel Euphorie. Angesichts der Knappheit von Zimmern für Studenten sei diese Art der Vermietung nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Nach seiner Erfahrung bewerben sich vor allem Studierende aus dem sozialwissenschaftlichen Bereich.

Diesem Eindruck widerspricht allerdings Knapheide. "Wir haben Studierende aus allen Fachbereichen." Wie genau das Zusammenleben mit den Senioren schliesslich aussieht, ist Sache von Student und Vermieter. "Das wird individuell ausgehandelt, wir können nur beraten", sagt Knapheide.

Er empfiehlt beiden Parteien, im Detail zu klären, was sie erwarten - und das schriftlich niederzulegen. Sollten nach ein paar Monaten des Zusammenlebens Probleme auftauchen, sind die Träger Ansprechpartner und manchmal auch Schlichter. Ausgeschlossen sind in allen Projekten pflegerische oder medizinische Dienste.

Das könne niemand ohne die entsprechende Ausbildung leisten, betonen alle Experten. Allerdings denkt man in Frankfurt bereits über andere Arten von Zweck-WGs nach: Hilfe für alleinerziehende Mütter oder Väter, für behinderte Menschen oder auch eine Art Housesitting bei Geschäftsleuten, die viel unterwegs sind.


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