Fehlinterpretation und Irrtümer - Teil 1

Krafttraining, Kondition, Koordination – ein weites Feld, in dem man sich problemlos verirren kann. Meinungen gibt es so viele wie Trainingsgeräte.
Werner Kieser gibt Tipps zum Fitnesstraining
Meister der Muskeln: Werner Kieser

Werner Kieser (1940-2021) empfiehlt nur Verfahren, die einen offensichtlichen Nutzen beim gesundheitsorientierten Krafttraining bieten.

Nr. 1: "Wir leiden an Bewegungsmangel."

Es mangelt uns nicht an Bewegung, sondern an Widerstand. Fehlt dieser, schwinden die Muskeln, die Sehnen und die Knochen. Der Aufforderung nach mehr Bewegung muss die Frage folgen: "Bewegung welcher Qualität?". Das Wort "Bewegungsmangel" verleitet nämlich zur Annahme, dass es nur darauf ankommt, sich möglichst viel zu bewegen.

Nr. 2: "Es gibt verschiedene Kräfte."

Kraft ist die Fähigkeit, Widerstand zu überwinden, ihm entgegenzuwirken oder ihn zu halten. Wenn sich der Muskel zusammenzieht, erzeugt er Spannung. Die Höhe der Spannung nehmen wir als das Mass der Kraft. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Spannung höher oder niedriger oder gleich hoch ist wie der Widerstand, den sie überwindet, dem sie nachgibt oder einfach standhält. Wenn diese Kraft - also die Anspannungsfähigkeit - zunimmt, wird der Muskel ausdauernder (anaerob) und schneller (Widerstand als Funktion der Geschwindigkeit). Für welchen Zweck die erworbene Kraft schliesslich verwendet wird, ist dem Muskel gleichgültig. Die Grundlage ist die Maximalkraft - Schnellkraft und Kraftausdauer bauen auf ihr auf.

Nr. 3: "Eine schnelle Übungsausführung macht mich schneller."

Schnelle Bewegungen beim Krafttraining sind gefährlich und unproduktiv. Gefährlich, weil in der Auffangphase Belastungsspitzen auftreten, die schnell über die physiologische Verträglichkeit der Sehnen zu liegen kommen. Unproduktiv, weil die Zeitdauer dieser Belastungsspitzen zu kurz ist, um einen Trainingsreiz zu setzen, und der Rest der Bewegung durch die Beschleunigung des Gewichts keine Belastung mehr für den Muskel darstellt.

Nr. 4: "Kieser Training ist gegen Ausdauertraining."

Nein, im Gegenteil, aber Kieser Training hat sich auf Krafttraining spezialisiert. Der Entscheid gegen das Angebot des Ausdauertrainings fällt leicht: Für das Herz-Kreislauf-Training sind keine technischen Hilfsmittel notwendig. Es ist im Schwimmbad, auf dem Fahrrad und beim Joggen in der freien Natur möglich. Um jedoch einen effizienten Muskelaufbau zu garantieren, sind Maschinen notwendig. Das spezifische Angebot von Kieser Training hat zudem einen willkommenen Nebeneffekt: Der konsequente Verzicht auf energiefressende Anlagen ist umweltfreundlich.

Nr. 5: "Sauna, Solarium und Whirlpool gehören zum Training."

Kieser Training steigert die körperliche Leistungsfähigkeit. Dies ist nur durch Training zu erreichen. Passive Vergnügungseinrichtungen wie Sauna, Whirlpool und Solarium bieten Ausweichmöglichkeiten und erwecken den Eindruck, Alternativen zum Training zu sein, was falsch ist.

Nr. 6: "Eiweisspräparate und isotonische Getränke führen zum Trainingserfolg."

Die optimale Eiweisszufuhr pro Tag liegt bei 1,0 bis 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Eine ausgewogene Ernährung liefert uns täglich mehr als genug dieser Eiweissmenge. Isotonische Getränke bestehen aus Vitaminen, Mineralstoffen (z. B. Salz), Kohlenhydraten (Zucker), Aroma- und Farbstoffen sowie Wasser. Das Wichtigste dabei ist das Wasser. Salz essen wir mit unserer Alltagskost ohnehin genug, vom Zucker eher zu viel. Für kurzfristige Belastungen ist lediglich Wasser sinnvoll.


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