Alkohol
Alkoholkonsum fördert Demenz im Alter
Aber auch Beamte, die völlig auf Alkohol verzichteten, hatten ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.
Die Whitehall-II-Studie begleitet seit 1985 eine Gruppe von etwa 10000 Angestellten aus dem Regierungsviertel der britischen Hauptstadt. Diese wurden seither 8-mal untersucht und dabei jeweils auch zu ihren Trinkgewohnheiten befragt.
Die regelmässigen Nachuntersuchungen und eine Beobachtungszeit von im Mittel 23,2 Jahren machen die Whitehall-II-Studie zu einer der qualitativ besten epidemiologischen Langzeituntersuchungen und damit zu einem geeigneten Instrument, um die Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Gesundheit zu untersuchen.
In einer früheren Untersuchung hatten Séverine Sabia vom französischen Forschungsinstitut INSERM in Paris und Mitarbeiter zeigen können, dass die Beamten mit dem höchsten Alkoholkonsum in den kognitiven Tests am schlechtesten abschnitten (Neurology 2014; 82: 332–9). Jetzt haben die Epidemiologen die Auswirkung auf Demenzerkrankungen untersucht, wie das «Ärzteblatt» schreibt.
Von den 9087 britischen Beamten, die zu Beginn der Studie 1985 zwischen 35 und 55 Jahre alt waren, sind inzwischen 397 im Durchschnittsalter von 76 Jahren an einer Demenz erkrankt.
Die Beamten, die bei allen Befragungen angegeben hatten, keinen Alkohol zu trinken, erkrankten zu 47% häufiger als Beamte die pro Woche zwischen einem und 14 alkoholischen Getränken zu sich genommen hatten.
Sabia errechnet ein Hazard Ratio von 1,47, die mit einem 95%-Konfidenzintervall von 1,15 bis 1,89 statistisch signifikant war. 14 Drinks pro Woche sind in England derzeit die Grenze zu einem gefährlichen Alkoholkonsum.
Bei den Beamten, die diese Grenze überschritten, war jedes zusätzliche alkoholische Getränk am Tag (oder 7 in der Woche) mit einem Anstieg des Demenzrisikos um 17% verbunden (Hazard Ratio 1,17; 1,04–1,32).
Bei Beamten, die im CAGE-Fragebogen wenigstens 2 der 4 Suchtindikatoren („Cut down“, „Annoying“, „Guilty" oder „Eye opener“) angaben, war das Demenzrisiko sogar mehr als verdoppelt: Hazard Ratio 2,19 (1,29–3,71), und für Beamte, die schon einmal wegen einer alkoholbedingten Erkrankung im Krankenhaus behandelt wurden, war das Risiko sogar mehr als 4-fach erhöht (Hazard Ratio 4,28; 2,72–6,73).
Für folgende lebenszeitliche Trends (Trajektorien) war das Risiko ebenfalls erhöht: Dauerhafte Abstinenz (Hazard Ratio 1,74: 1,31–2,30), Abnahme des Alkoholkonsums (Hazard Ratio 1,55; 1,08–2,22) und dauerhafter Konsum von mehr als 14 Einheiten/Woche (Hazard Ratio 1,40; 1,02–1,93).
Weitere Analysen ergaben, dass das erhöhte Demenzrisiko teilweise, aber längst nicht vollständig, auf kardiometabolische Risikofaktoren wie Hypertonie, erhöhtes Cholesterin, Übergewicht oder Diabetes zurückgeführt werden konnte.
Die Studie bestätig erneut, dass es bei den Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Gesundheit eine J-Kurve gibt, wonach ein leichter Konsum vorteilhaft sein könnte. Beweisen kann dies eine Beobachtungsstudie jedoch nicht. Notwendig wäre eine randomisierte klinische Studie, wie sie zuletzt die US-National Institutes of Health geplant hatten.
Dort sollten 7600 Menschen über 50 Jahre mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko über 6 Jahre entweder zu einem Konsum von 15 Gramm Alkohol pro Tag oder einer Abstinenz motiviert werden. Die Studie wurde allerdings kürzlich abgebrochen nachdem herauskam, dass Getränkehersteller die Studie mit finanzieren sollten.
Solange keine andere Studie zustande kommt, wird die Frage, ob ein leichter Alkoholkonsum im Alter vor Erkrankungen wie einer Demenz schützt, unbeantwortet bleiben.