Interview mit Gründer von Rent a Rentner

Ein Interview mit Peter Hiltebrand, Mitbegründer der weltweit ersten Plattform, auf der Rentner/innen verschiedenste Dienstleistungen anbieten können.
RentaRentner, Arbeit 50plus

1.    Wie kamen Sie auf die Idee, Rent a Rentner zu gründen?

Das war 2009 – einige Monate, bevor ich pensioniert wurde. Ich bekam damals leichte Panik, weil ich auch im Ruhestand weiterhin etwas arbeiten wollte. Aber was und wie? Darum ging ich im Herbst 2009 in die Werbeagentur meiner Tochter Sarah und deren Partner Reto Dürrenberger. Wir diskutierten am Tisch und kamen dabei zum Schluss, dass es sicher nicht nur mir so geht, sondern vielen anderen Rentnerinnen und Rentnern auch. Und dann kamen wir auf die Idee einer Internet-Plattform, auf der Rentnerinnen und Rentner ihre Dienstleistungen anbieten können.

2.    Wen genau sprechen Sie mit diesem Angebot an?

Auf der einen Seite alle Rentnerinnen und Rentner schweizweit. Wir haben derzeit 1,4 Millionen Rentner, und davon würden sicherlich viele gerne noch arbeiten. Und auf der anderen Seite sprechen wir natürlich die breite Bevölkerung an, welche die Gelegenheit nutzen kann, Rentnerinnen und Rentner zu buchen. Das ganze Know-how der älteren Generation, das hier sonst brach läge, wäre ja auch eine wahre Verschwendung! Darum sollten wir, also die Gesellschaft, dieses Know-how nutzen und davon profitieren.

3.    Sind Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz wirklich auf einen Zusatzverdienst angewiesen?

Mehrheitlich nicht. Im Vergleich zu anderen Ländern geht es uns Schweizern immer noch sehr gut. Aber in Deutschland müssen beispielsweise 800'000 Rentnerinnen und Rentner arbeiten, um überhaupt über die Runden zu kommen. Hier in der Schweiz suchen sie noch eher einen „Zustupf“ zur Rente und vor allem den Kontakt zu anderen. Das Gefühl, gebraucht zu werden, tut einfach gut. Und es hält fit und gesund, physisch wie psychisch.

4.    2013 wurde Ihre Website vollständig erneuert – was hat sich seitdem verändert?

Unsere erste Webseite aus dem Jahr 2009 war nur eine Verlegenheitslösung, bei der wir „einfach mal was gebastelt“ hatten. Seit Mai 2013 haben wir eine neue und professionell realisierte Plattform, und da hat sich vieles, also eigentlich alles, verändert. Wir haben drei verschiedene Mitgliedschaften, wir haben einen Marktplatz, wo man gezielt Rentnerinnen und Rentner suchen kann und auch einen Fan-Shop, in dem man T-Shirts oder Geschenkgutscheine kaufen kann.
 

5.    Wie oft und für welche Arbeiten im Besonderen werden die Rentnerinnen und Rentner gebucht?

Die Rentnerinnen und Rentner können auf unserer Plattform ihre Dienstleistungen in derzeit 300 verschiedenen Rubriken anbieten. Die Nachfrage richtet sich ganz nach der Saison: Im Frühling brauchen viele Hilfe bei der Steuererklärung oder im Garten, im Sommer werden Feriendienstleistungen wie Blumen giessen oder Briefkasten leeren gesucht, im Herbst dann wieder Gartenarbeiten. Die Angebote und Dienstleistungen, die man buchen kann, sind aber unzählig.


6.    In der Bewerbung Ihrer Plattform gehen Sie eher ungewöhnliche Wege und bezeichnen Ihre Rentnerinnen und Rentner als „alte Säcke“ und „alte Schachteln“ – wieso?

Wir wollten bewusst positiv kommunizieren und unsere Rentnerinnen und Rentner nicht älter machen, als sie sind, wie es viele andere Organisationen und Medien tun. Wir möchten uns mit einem Augenzwinkern präsentieren und auch so wahrgenommen werden. Diese Ausdrücke, also die „alten Säcke“ und „alten Schachteln“, stehen für Erfahrung, Qualität, Charakter, Lebensfreude – und vor allem: charmante Selbstironie. Viele unserer Mitglieder unterschreiben ihre Korrespondenz übrigens mit "alter Sack Emil" oder "alte Schachtel Ruth".

7.    Sie sind mit Rent a Rentner auch in den sozialen Medien sehr aktiv – warum?

Wir nutzen Facebook sehr aktiv und haben derzeit über 10'200 Likers, mit denen wir tagtäglich kommunizieren. Wir informieren die Gemeinschaft über Neuigkeiten und nützliche Hinweise, stellen Rentnerinnen und Rentner vor, fordern die Gemeinschaft auf, den Rentnern mal wieder zum Geburtstag zu gratulieren oder involvieren die Likers in unsere Produktgestaltung. Wir fragen also die Gemeinschaft zum Beispiel, ob wir eine bestimmte Änderung auf der Plattform durchführen sollen – und tun das dann auch, wenn der Vorschlag mehr als 100 Likes erhält. So involvieren wir alle Interessierten aktiv.


8.    Was hat es genau mit "Adopt a Rentner" auf sich?

Einen Grosspapi und eine Grossmami zu haben, ist für ein Kind etwas vom Schönsten. Gemeinsam in den Zoo zu gehen, Guetzli zu backen oder einfach zusammen die Welt (noch einmal neu) zu entdecken – wunderbar! Leider passiert aber heutzutage alles später – vom Erwachsenwerden bis zur Familiengründung. Bis dann endlich mal Enkelkinder da sind, an denen man sich erfreuen könnte, ist es manchmal schon zu spät für die Grosseltern-Generation. Dabei könnten beide Seiten soviel voneinander profitieren – die Jungen von der Weisheit der Älteren, und die Älteren vom Austausch mit der jüngeren Generation.
Mit «Adopt a Rentner» möchten wir beiden Seiten die Gelegenheit bieten, sich gegenseitig zu finden. Und das kostenlos. Ausdrücke wie "Adoptivrentner" oder "Adoptivrentnerin" kannte der Duden bislang nicht. Dank uns haben sie diese jetzt ergänzt.


9.    Wir haben gehört, dass Ihre Geschäftsidee auch über die Landesgrenzen hinaus grosse Beachtung findet – stimmt das?

Wir haben in den vergangenen Jahren bereits Anfragen aus Italien, Kanada, Frankreich, Singapur usw. usf. erhalten – wann wir endlich zu ihnen kämen, ob es unser Angebot nicht auch in ihrem Land gebe etc.  Dank einer Berichterstattung im Bloomberg-TV bekam dann letztes Jahr praktisch die ganze Welt Einblick in unsere Geschäftsidee. Interessant auch: Reto Dürrenberger (ein Gründer und Geschäftsführer von Rent a Rentner) ist gerade erst eingeladen worden, um an einem Kongress in Saarbrücken im Juni 2014 über Rent a Rentner als Best-Practice-Case zu referieren – der Kongress dreht sich um Jugendarbeitslosigkeit in Europa und wie man diese mit innovativen Geschäftsideen bekämpfen könnte. Tolles Kompliment, oder?
 

10.  Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Wir haben noch unzählige Ideen und Visionen. Jetzt gehen wir erstmal mit der Plattform nach Deutschland und optimieren ausserdem laufend unsere Plattform in der Schweiz. Und dann sehen wir weiter.

Rent a Rentner
Rent a Rentner ist die weltweit erste Online-Plattform – und damit das Original – auf der man Rentnerinnen und Rentner mieten kann. Und umgekehrt. Egal für was: fürs Dogsitting, als Babysitter, als Gärtner, um einen lästigen IKEA-Schrank zu montieren und und und. Seit neuestem kann man sie auch gleich noch adoptieren. www.rentarentner.ch


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