GEDÄCHTNISTRAINING
6 Tipps, die Ihr Gedächtnis verbessern
In Deutschland sind rund anderthalb Millionen Menschen an Demenz erkrankt, schreibt Rufus Rieder in Men's Health. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von München. Die Patienten benötigen teure Medizin und umfangreiche Pflege.
Die Kosten hierfür liegen allein in Deutschland pro Jahr im Milliardenbereich. Die Krankheit verringert die emotionalen, sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Betroffenen. Dazu zählen unter anderem die Wahrnehmung, das Lernen und die Kreativität.
Oft werden Demenz und Altern in einem Atemzug genannt. Lange galt die Krankheit als unausweichlich und nicht heilbar. Dennoch zeigen aktuelle Studien, dass scheinbar belanglose Massnahmen, richtig angewendet, einen grossen Effekt auf Ihre Gehirnfunktion haben können.
Keine Angst, es handelt sich nicht um irgendwelche spirituellen Tätigkeiten! Lesen Sie hier, mit welchen leicht umsetzbaren Praktiken Sie Ihre Hirngesundheit erhalten und die neurologischen Funktionen schützen.
Toller Nebeneffekt: Sie verbessern zudem Intellekt, Gedächtnis und Ihre Lebensdauer.
1. Die richtige Ernährung senkt das Demenz-Risiko
Das Hirn ist eine Power-Maschine: Obwohl es nur 2 Prozent des Körpergewichts ausmacht, verbraucht es etwa 20 Prozent der Energie des Körpers im Ruhezustand. Das Gehirn besteht zu 60 Prozent aus Fett. Um das Verhältnis aufrechtzuerhalten, muss es passend ernährt werden.
Die richtige Ernährung kann einen grossen Einfluss auf die Hirnleistung haben. Auch wenn Fett fürs Gehirn essenziell ist, eignen sich nicht alle Formen als Gedächtnisfutter. Gesättigte Fette, etwa in Pizza, sind nach wie vor tabu.
Eine im international renommierten Fachblatt "Physiology & Behaviour" veröffentlichte Studie ergab, dass sich die Gehirnfunktion von Ratten, die viel gesättigtes Fett und Zucker zu sich nahmen, sogar verschlechterte.
Grund: Schädlich wirkende Substanzen konnten ins Hirn eindringen. Sie lösen dort Entzündungsprozesse aus und mindern die Funktion des Hippocampus. Das wiederum führte zu einem Rückgang von Lernvermögen und Erinnerung.
Auch bei Menschen lässt sich Ähnliches beobachten. Leider überfällt viele oft der Heisshunger auf Fettiges und Süsses - ein Teufelskreis, der nicht nur dick macht, sondern auch den kognitiven Fähigkeiten schadet.
Fisch, Nüsse und Pflanzenöl enthalten essenzielle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Auch Mineralstoffe können das Hirn schützen, indem sie den Blutdruck in Balance halten.
Bei der so genannten MIND-Diät des Rush University Medical Center in Chicago, die die mentale Fitness fördern soll, landen daher viel Kalium, Calcium und Magnesium auf dem Teller. Eine Studie zeigte, dass das Alzheimer-Risiko der Teilnehmer um 53 Prozent sank und das Hirn sich um 7,5 Jahre verjüngte.
2. Gedächtnistraining durch Abwechslung
Der Gegner der Innovation ist die Routine. Allzu eingefahrene Muster führen nicht nur zum Stillstand, sondern sogar zu einem Rückgang von physischen, sozialen und mentalen Fähigkeiten. Warum? Das Unterbewusstsein verarbeitet pro Sekunde etwa 20 Millionen Umweltreize, 100.000 chemische Reaktionen sowie 400 Milliarden Informationsbrocken.
Bei der Flut an Signalen ist es einfacher, auf bekannte Vorgehensweisen zurückzugreifen. Das Gehirn bevorzugt bereits genutzte Nervenbahnen. Es kennt dort sozusagen den Weg. Es mag keine Veränderungen und vertraut auf Altbewährtes.
Stellen Sie sich etwa mal eine Wiese vor, die Sie überqueren wollen. Beim ersten Mal werden Sie Probleme dabei haben, denn das Gras ist hoch und muss zunächst platt getrampelt werden. Doch nach einigen Malen wird es einfacher, diesen Weg zu gehen.
So funktioniert auch der Lernvorgang im Gehirn. Aber Vorsicht! Wenn Sie sich zu sehr auf eingefahrene Verhaltensmuster verlassen, riskieren Sie, mental zu stagnieren. Das Gehirn braucht Veränderungen, um neue und eventuell sogar leistungssteigernde Denkweisen möglich zu machen.
US-Psychologen an der Harvard University in Cambridge bestätigen, dass die mentale Bequemlichkeit einer solchen Leistungssteigerung entgegenwirkt - vor allem in Bezug auf Ihre Karriere und Ihre Fitness.
Sie wollen Ihre Leistung maximieren? Dann raus aus der Komfortzone! Gefühle wie Freude und Angst pushen das Gehirn und helfen dabei, auch mal über den Tellerrand zu schauen - Erfolgserlebnisse inklusive.
Mit dem Alter wird das immer wichtiger, immerhin nehmen die kognitiven Fähigkeiten da eher ab. Wie immer gilt: Man muss zuerst investieren, um später die Früchte zu ernten. Verändern Sie Ihre Routine und aktivieren Sie Ihre kognitiven Funktionen.
Fangen Sie mit kleinen Schritten an. Nehmen Sie zum Beispiel einen anderen Weg zur Arbeit. Essen Sie in Ihrer Mittagspause in einem neuen Restaurant. Oder gehen Sie doch mal an einem Sonntag ins Gym, anstatt immer nur unter der Woche.
Das sorgt nicht nur für Abwechslung, sondern zwingt Ihren Körper auch, an einem Ruhetag alles zu geben. Das Ergebnis? Mehr Muskeln und ein super Workout fürs Gehirn.
3. Kraftsport als Gedächtnistraining für Körper und Gehirn
Ihre Gehirnzellen verändern sich ständig. Obwohl der Grossteil der Zellen im Mutterleib entsteht und sich dort entwickelt, findet die Bildung der Nervenzellen, die so genannte Neurogenese, auch bei Erwachsenen statt.
Laut einem im amerikanischen "Journal of Neuroscienes" veröffentlichten Versuch kann dieser Prozess sogar beschleunigt werden. Forscher sind sich einig, dass Bewegung die effektivste Möglichkeit dafür ist.
Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen. Ein hartes Workout hingegen schützt die Nervenzellen. Dies zeigt eine im Online-Magazin "Plos One" veröffentlichte Studie am Beispiel des Hippocampus - jenem Teil des Gehirns, der für Erinnerungen zuständig ist.
Das Training verbessert die Durchblutung, und der Hippocampus wächst. Zudem wird der Botenstoff Noradrenalin vermehrt ausgeschüttet. Er schärft die Aufmerksamkeit, die Motivation und den Verstand. Plus: Das Training macht sich auch im Spiegel bemerkbar - also Vorteile in jeder Hinsicht.
Wollen Sie so trainieren wie in der Studie angeraten, dann stehen in den ersten beiden Wochen Frontziehen, Reissen und Überkopf- Kniebeugen auf dem Plan. In der dritten Woche machen Sie zusätzlich Jump-Squats mit Langhantel und in der vierten Woche die Schulterpresse.
Die Sessions sollten je 2-mal die Woche stattfinden, mit jeweils 4 Sätzen à 8 Wiederholungen. Führen Sie die Übungen in einem Rutsch aus, ohne die Stange zwischen den Sätzen abzulegen. Es gibt kein Zeit- Limit. Tipp: Ihre Pause sollte etwa 2-mal so lange dauern wie ein Satz.
4. Können Nahrungsergänzungsmittel die Hirnleistung steigern?
Im Silicon Valley sind sie schon lange Trend: Nootropika. Das sind Mittel, die die Leistung des Hirns steigern. Mittlerweile greifen auch hierzulande immer mehr Menschen auf solche Substanzen zurück, um ihre Karriere zu pushen.
Der Markt bietet eine Vielzahl davon - darunter sind zahlreiche nicht erprobte Mittel, deren Wirkung unklar ist. Zu den recht gut erforschten Nootropika gehört Modafinil, das auch in Deutschland als Medikament zugelassen ist.
Es wird eingesetzt zur Behandlung von Narkolepsie, also extremer Schläfrigkeit, und erhöht die Zahl von stimmungsaufhellenden Neurotransmittern wie Dopamin und Noradrenalin. Der Effekt ähnelt dem von Amphetamin.
Das Fachblatt "European Neuropsychopharmacology"" veröffentlichte eine Übersichtsarbeit, die die Wirkung von Modafinil belegt: Das Mittel verbessert unter anderem kognitive Kontrolle, Aufmerksamkeit, Erinnerung und Lernfähigkeit.
Allerdings birgt es auch Gefahren. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Angstzustände und erhöhte Pulsfrequenz. Studien zeigen, dass im Internet käufliche Nootropika wie Adderall und Ritalin noch gefährlicher sind, da sie andere Wirkstoffe beinhalten als herkömmliche Medikamente.
Sie lösen Euphoriegefühle aus und machen abhängig. Zudem können sie, über eine lange Zeit eingenommen, die Muskelmasse reduzieren und sich nachteilig auf die kognitiven Fähigkeiten auswirken. Zusammenfassend lässt sich sagen: Auch wenn chemische Nootropika verlockend wirken, lassen Sie die Finger davon!
Einen gesunden Lebensstil ersetzen sie nicht. Sie möchten Ihr Gehirn ohne synthetische Supplemente fördern? Probieren Sie einen Mix aus Artischocken-Extrakt und Forskolin (ein Pflanzenstoff, der auch bei Gewichtsabnahme helfen soll).
Laut einer Studie im amerikanischen "Journal of Neurophysiology" verstärkt er die Signalübertragungen zwischen Nervenzellen und unterstützt so Lernprozesse und das Gedächtnis.
5. Schlechte Gewohnheiten abgewöhnen
Ob exzessive Social-Media-Nutzung oder zu viel Zucker im Essen - das Hirn drängt den Körper zu schlechten Gewohnheiten und Suchtverhalten. Es bildet Nervenverschaltungen auf Grund von sich wiederholenden Gedanken und Verhalten.
Kleine Vergnügen wie das tägliche Stück Schokolade triggern eine Dopaminausschüttung, und von dem Glückshormon will das Gehirn dann gerne mehr. Dr. Nora Volkow, Direktorin der US-Behörde für Drogenmissbrauch, glaubt, dass die ursprüngliche Rolle von Dopamin nicht darin besteht, Vergnügen zu ermöglichen.
Der Neurotransmitter half vermutlich in der Vergangenheit dabei, überlebenswichtige Sachen wie Essen und SexÜbersicht: So suchen Frauen Sex im Netz einzufordern, wann immer es möglich war. In der Steinzeit war dieser Antrieb gut für das Überleben und Fortpflanzen.
Doch in der heutigen Zeit des Überflusses entstehen schnell schlechte Gewohnheiten, es findet sozusagen negatives Lernen statt. Der Kühlschrank ist voll mit kalorienreichen Lebensmitteln. Aus dem Marmeladenbrötchen am Morgen wird ein Ritual, und daraus entsteht eine Abhängigkeit nach noch mehr Marmeladenbrötchen.
Doppelt schlimm, denn der darin enthaltene Zucker steht in direkter Verbindung zu Depression und Demenz. Eine US-Studie des New Brookhaven National Laboratory in Upton zeigt zudem, dass ein Teil des Gehirns von übergewichtigen Probanden immer stimuliert und unterbewusst auf der Suche nach Essen ist.
Beenden Sie diesen Teufelskreis: Füttern Sie Ihr Gehirn mit neuen Aufgaben. Wie? Hintern hoch und bewegen! Sprinten Sie 2-mal die Woche 5 x 200 Meter. Zwischen den Sprints 30 Sekunden Pause. Das reisst Ihr Gehirn aus der Routine.
6. Mit Gedächtnistraining neue Gehirnareale aktivieren
Die Kanadierin Barbara Arrowsmith- Young von der University of Toronto wurde früher als langsames Kind abgestempelt. Es fiel ihr schwer, einfache Zusammenhänge zu verstehen. Sie wollte diese Diagnose aber nicht einfach so hinnehmen.
Mit 26 Jahren las sie vom tragischen Schicksal eines Soldaten, dem in den Kopf geschossen worden war. Die Kugel hatte den Teil der Grosshirnrinde zerstört, der für das Filtern von ankommenden Informationen verantwortlich ist.
Die Denkschwierigkeiten des Soldaten waren ähnlich wie ihre eigenen. Das gemeinsame Leid war schliesslich der Startschuss für ihre Forschung. Arrowsmith-Young entwickelte Übungen, die man am Schreibtisch durchführen kann und auf spezifische Regionen des Gehirns abzielen, um Schwächen zu überwinden - das Programm trägt mittlerweile ihren Namen.
Arrowsmith-Young verfolgte die Theorie, dass das Gehirn ein Leben lang seine Form verändert. Ihrer Meinung nach kann das richtige Training Hirnregionen neu gestalten und Wachstum stimulieren. Ergebnis: schnelleres und koordinierteres Denken.
Eine US-Untersuchung an der University of South Carolina in Columbia bewies ebenfalls, wie anpassungsfähig das Organ ist. Eine Gruppe von Mäusen lief 2 Monate lang jeden Tag auf dem Laufband. Es stellte sich heraus, dass nicht nur ihre Muskeln gewachsen waren, sondern auch die Mitochondrien, die Energiekraftwerke der Zellen, im Gehirn sich vermehrt hatten.
Was das für Sie bedeutet? In jedem Gym gibt es Übungen, von denen das Gehirn profitiert. Trainieren Sie zum Beispiel den oberen Temporallappen, der für die räumliche Wahrnehmung verantwortlich ist, indem Sie bewusst Abwechslungen in den Trainingsplan einbauen. Nutzen Sie an Stelle von Hanteln zum Beispiel Kettlebells.