MAGISCHER LOFOTENWINTER
Lofotenwinter – Seesterne, Nordlichter und Wale
Schnell, die Morgenshow beginnt! Mit der Kaffeetasse in der Hand rennen wir auf die Veranda, noch ehe es die Sonne über den Horizont geschafft hat. Ein erstes schüchternes Rosa bildet sich über den Bergspitzen, breitet sich einer flauschigen Watte gleich aus, und schon bald brennt der ganze Himmel feuerrot. Der Kaffee ist längst kalt geworden, wir schauen und staunen und können nicht aufhören damit.
Auf den Lofoten, 200 Kilometer oberhalb des Polarkreises, hat die «Bürgerliche Dämmerung» begonnen und betört uns einmal mehr mit ihrer Magie. Jetzt ist auch unser Freund im Anflug – der Seeadler, der jeden Morgen hier exklusiv für uns seine Runden dreht. Elegant zelebriert er den Sinkflug über dem Fjord, bevor er wieder aufsteigt.
Versteinerte Trolle
Unsere anderen Freunde sind weit weniger elegant: Einer grinst schief, einer hat ein zerquetschtes Gesicht und der nächste scheint zu weinen. «Das sind keine Berge, sondern versteinerte Trolle», hat uns die Einheimische Eldrid gestern auf der Schneeschuhtour mit Blick auf Bergketten und Nordatlantik erklärt. «Die armen Gesellen haben es vor Sonnenaufgang nicht mehr rechtzeitig in ihre Höhlen geschafft und wurden versteinert.» Bizarr muten sie an, wie sie bis 1000 Meter hoch in den Himmel ragen.
Jetzt ist die Sonne da, streichelt unsere Wangen und unser falunrotes Feriendaheim direkt am Wasser, Rorbu genannt. Einst haben 30 Fischer darin gehaust, nun geniessen wir die hygge skandinavische Ausstattung zu zweit. Als gestern der Nordlicht-Alarm losging, verfolgten wir das Naturschauspiel vom Bett aus – und das erst noch doppelt: Der grüne Schweif spiegelte sich auf märchenhafte Weise im dunklen Wasser. «So geht Winter im Norden», dachten wir zufrieden, dabei befanden wir uns noch einen Tag zuvor in karibischen Gefilden: So wenigstens kam es uns vor, als wir auf feinem weissen Sandstrand den türkisfarbenen Buchten entlangwanderten.
Seesterne und Korallen auf den Lofoten
Wie in der Südsee fühlten wir uns auf der Fahrt mit dem Elektroboot im Trollfjord, wo wir verblüfft Korallen und Seesterne bestaunten. Am 68. nördlichen Breitengrad hätten wir sie bestimmt nicht vermutet. Dass Orcas hier heimisch sind, wussten wir hingegen. Trotzdem liess uns die riesige Flosse, die plötzlich am Bug unseres Walsafari-Boots auftauchte, nach Luft schnappen. Später tauchten wir im Museum in die Geschichte des Fischfangs ein, der die Lofoten noch immer prägt – Stockfisch ist überall präsent.
Beim Fischessen im Restaurant liess sich der Koch gut gelaunt einige seiner Kniffe entlocken, während draussen der Himmel zur roten Abendshow ansetzte und die Kontiki-Nordlichtalarm-Vorhersage eine Nachtshow versprach.
Entspannte Anreise mit Direktflug
Ob Nacht, ob Tag: Immer wieder zieht uns die raue und gleichzeitig liebliche Landschaft in den Bann. Die Wasserfälle, die Fjorde, die Trolle, die Fischerhäuschen, die sich eng an die steilen, senkrecht aufragenden Felsflanken schmiegen. Der Schnee schluckt jedes Geräusch, und den Raum und die Stille müssen wir kaum mit jemandem teilen: Denn jetzt im Februar gehören die Lofoten vor allem den Einheimischen, und das sind in der ganzen Region lediglich 24 000 Leute – verteilt auf insgesamt 1227 km2 und rund 80 Inseln.
Im Gegensatz zum Sommer sind jetzt nur Reisende unterwegs, die diese einzigartige Inselgruppe fern des Massentourismus entspannt für sich entdecken wollen. Dabei beginnt die Entspannung bereits mit dem bequemen Direktflug von Zürich nach Enevens: In nur vier Flugstunden landet man in Evenes – ab da locken Schneesterne, Schneeberge und die karibisch wirkenden Buchten in greifbarer Nähe.
Text: Franziska Hidber